Wer älter als 25 Jahre ist, bekommt in Deutschland nur selten eine Lehrstelle. Ein Programm für „Spätstarter“ soll das ändern und die Jobaussichten von Erwachsenen ohne Ausbildung verbessern. Aber wie funktioniert das?
In Deutschland haben etwa 1,5 Millionen junge Menschen zwischen 25 und 35 weder ein Studium noch eine Ausbildung beendet, das zeigen Statistiken der Agentur für Arbeit. Aber Firmen suchen meist Fachkräfte. Personen ohne Studien- oder Berufsabschluss haben schlechtere Chancen. Deshalb soll diese Gruppe jetzt durch die Initiative „AusBildung wird was – Spätstarter gesucht“ besser gefördert werden. Seit 2013 konnten bereits mehr als 32.000 Erwachsene eine Qualifizierung beginnen.
Zu ihnen gehört auch Eva Kiraly. Mit 32 macht sie jetzt eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Im Gegensatz zur normalen Berufsausbildung von dreieinhalb Jahren dauert das Programm nur zwischen 24 und 27 Monaten. Außerdem besuchen die Teilnehmer keine Berufsschule, sondern haben ihren Unterricht zusammen mit Gleichaltrigen. Das ist ein Glücksfall, findet Eva Kiraly, denn sie hätte nicht so gern mit 16-Jährigen die Schulbank gedrückt.
Nach einem halben Jahr Theorieausbildung hat jeder Teilnehmer im wöchentlichen Wechsel Unterricht mit den anderen Auszubildenden und Praktika in einer Firma. Bezahlt wird die Ausbildung für Spätstarter aber von der Agentur für Arbeit. Das ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland attraktiv, sagt Matthias Christann, der das Projekt in Berlin leitet.
Bevor sie die Ausbildung beginnen, soll den Interessenten klar werden, ob sie wirklich für eine zweite Ausbildung bereit sind. Dazu müssen sie ein Auswahlseminar bestehen. Dann folgt eine dreimonatige Vorbereitungszeit. Ziel ist es, das Lernen wieder zu lernen und den Ausbildungsalltag gut zu organisieren – für Eva Kiraly kein Problem. Sie wird ihre Ausbildung im November 2015 beenden. Insgesamt sollen durch das Programm etwa 70.000 junge Menschen eine zweite Chance bekommen.
Glossar
Lehrstelle, -n (f.) – der Ausbildungsplatz
Agentur für Arbeit (f.) – die Behörde, die bei der Arbeitssuche hilft oder in bestimmten Fällen Geld zahlt, wenn jemand arbeitslos ist
Fachkraft, -kräfte (f.) – jemand, der gut ausgebildet und für eine bestimmte Arbeit qualifiziert ist
Initiative, -n (f.) – hier: die Aktion; das Projekt
jemanden fördern – jemanden unterstützen; jemandem helfen
Qualifizierung, -en (f.) – hier: die Ausbildung, durch die man bessere Chancen auf einen guten Job verbessern kann
Industriekauffrau/Industriekaufmann – jemand, der in einer Firma für kaufmännische Bereiche (z. B. Kundenbetreuung u. Ä.) zuständig ist
Glücksfall, -fälle (m.) – eine Situation, die für jemanden besonders glücklich ist/durch die er einen Vorteil hat
die Schulbank drücken – umgangssprachlich für: zur Schule gehen
Theorie (f., hier nur Singular) – hier: das Wissen über einen Beruf
Auszubildende, - (m./w.) – eine Person, die eine Berufsausbildung macht
Praktikum, Praktika (n.) – die Tätigkeit, bei der man schon in der Ausbildung in einer Firma arbeitet, um berufliche Erfahrung zu sammeln
mittlere Unternehmen, - (n.) – eine Firma mit bis zu 250 Mitarbeitern
attraktiv – hier: interessant
Interessent,-en/Interessentin, nen – eine Person, die sich für etwas interessiert; eine Person, die etwas machen möchte
Auswahlseminar, -e (n.) – eine Veranstaltung, mit der herausgefunden werden soll, wer für etwas geeignet ist und wer nicht
etwas bestehen – bei etwas ein gutes Ergebnis bekommen; etwas (meist eine Prüfung) schaffen/erfolgreich abschließen